Nachhaltig geniessen

Grill and Chill – Special Cuts

Fleischkenner:innen legen bereits seit einiger Zeit nicht nur die üblichen «Edelstücke» wie Entrecôte oder Kotelett auf den Grill, sondern auch Fleisch, das vielerorts immer noch in der Wurst landet oder zu Tierfutter verarbeitet wird. Die Rede ist von sogenannten «Special Cuts»: Fleischstücke, die wie Steaks zubereitet, also auf dem Grill oder in der Bratpfanne kurzgebraten werden können. Wir stellen fünf spannende Cuts vom Rind vor, die Abwechslung auf den Grill bringen.

Anna Pearson

Autorin

Es ist nicht lange her, da waren sich Metzger:innen einig, dass sich nur Fleischstücke aus dem Rücken und Hinterteil eines Tieres zum Kurzgaren eignen. Die wenig beanspruchten Muskeln dieser Körperteile haben kurze, feine Fleischfasern und sind entsprechend zart, also perfekt geeignet für die schnelle Zubereitung auf dem Grill oder in der Bratpfanne. Insbesondere in den USA wurde intensiv nach «neuen» Steaks gesucht – und sie wurden gefunden: Es zeigte sich, dass sich viele Stücke, die bis anhin geschmort, gesotten oder zu Hackfleisch verarbeitet wurden, durchaus als Steak-Alternativen eigneten.

Mehr Geschmack als ein Filet

So kamen etwa das «Flank Steak» oder «Flat Iron» auf den Radar von Grillfans. Gleichzeitig konnte man aber auch einfach einen Blick über die Landesgrenze werfen und sich von den Kochgewohnheiten in Frankreich, Spanien oder Argentinien inspirieren lassen: So weiss man etwa in Frankreich schon lange, dass ein «Onglet» – der Nierenzapfen vom Rind – ein wunderbares Grillstück ist. Grundsätzlich zeichnen sich viele Special Cuts durch einen intensiveren Geschmack aus und haben mehr Biss als ein Filet: Sie sind also etwas für Menschen, die Fleisch auch wirklich mögen!

Grundsätzlich zeichnen sich viele Special Cuts durch einen intensiveren Geschmack aus und haben mehr Biss als ein Filet.
Anna Pearson

Trotz Trend nicht einfach zu finden

Obwohl Special Cuts für Metzgereien und Direktvermarkter:innen wirtschaftlich interessant sind (da sie mehr dafür verlangen können als für eine Wurst), ist es in einer traditionellen Metzgerei auch heute oft schwierig, sie zu bekommen: Für manche Metzger:innen bleibt der Nierenzapfen nicht mehr als Katzenfutter und ist im besten Fall auf Vorbestellung erhältlich. Es scheint, als müsste das Angebot durch die Nachfrage der Konsument:innen erst geschaffen werden.

Deshalb: Fragen Sie in der Metzgerei oder im Hofladen nach den hier vorgestellten Stücken – vielleicht haben Sie Glück und sie werden ins Sortiment aufgenommen! Man muss sich aber auch bewusst sein: Special Cuts sind noch rarer als die klassischen «Edelstücke». So gibt es etwa nur ein einziges «Hanging Tender» pro Tier und ein «Spider Steak» vom Jungrind – es finden sich jeweils zwei in einem Tier – sie wiegen kaum mehr als 100 Gramm. Man kann also nicht erwarten, dass man mal eben 20 Stück davon bestellen kann oder jemals eines in seinem Biofleisch-Mischpaket finden wird. Auch wichtig zu wissen: Bei den Special Cuts ist es noch wichtiger als bei anderen Fleischstücken, dass die Fleischqualität gut ist und das Fleisch mehrere Wochen reifen durfte.

Es scheint, als müsste mancherorts das Angebot durch die Nachfrage der Konsument:innen erst geschaffen werden.
Anna Pearson

Special Cuts grillieren

Bezüglich der Zubereitung sind sich die vorgestellten Stücke ziemlich ähnlich – im Folgenden eine Schritt-für-Schritt-Anleitung. Je nach Grösse des Stücks ändern sich die Garzeiten. Ist etwas Spezielles zu beachten, steht dies beim Beschrieb des jeweiligen Stücks. Ein präzises digitales Fleisch-Thermometer ist (nicht nur) für Special Cuts eine sinnvolle Anschaffung: Die Spanne des idealen Garpunktes ist bei Special Cuts relativ klein, idealerweise orientiert man sich an der Kerntemperatur.

Special Cuts serviert man am besten «medium-rare» (Kerntemperatur 53-55°C) Zu lange gegarte Stücke werden schnell trocken. Was das Würzen anbelangt: Servieren Sie das Fleisch mit etwas gutem Olivenöl und knusprigem Fleur de Sel – mehr braucht es eigentlich nicht. Oder machen Sie es wie in Argentinien und träufeln Sie etwas selbstgemachte «Chimichurri» über das aufgeschnittene Fleisch – unten das Rezept für die argentinische Kräuter-Sauce!

So gehts: Rezepte und Tipps

Schritt-für-Schritt-Anleitung

  • Das Fleisch 2 Stunden vor dem Grillieren aus dem Kühlschrank nehmen und auf Raumtemperatur bringen.
  • Den Grill einfeuern, dabei eine sehr (!) heisse und eine wenig heisse Zone einrichten.
  • Unmittelbar vor dem Grillieren das Fleisch leicht salzen.
  • Das Steak auf beiden Seiten kurz und sehr heiss anbraten, sodass es rundherum eine schöne Kruste erhält.
  • Sehr dünne Stücke (kleine Spider Steaks, die dünnen Teile des Skirt Steaks) müssen nun nur noch ein paar Minuten auf einem warmen Teller an einem möglichst warmen Ort ruhen und können dann serviert werden (siehe die beiden letzten Punkte).

Bei den übrigen Stücken wie folgt fortfahren:

  • Das Fleisch nach dem heissen Anbraten in den wenig heissen Bereich des Grills legen und dort ziehen lassen, bis es eine Kerntemperatur von etwa 53°C erreicht hat. Dabei ab und zu wenden, damit es gleichmässig gart.
  • Das Fleisch auf einen warmen Teller legen und an einem möglichst warmen Ort fünf Minuten (weniger dicke Stücke) bis zehn Minuten (dickere Stücke) ruhen lassen. Die Kerntemperatur sollte in dieser Zeit um 1-2°C steigen und das Fleisch kann sich entspannen, sodass es beim Aufschneiden weniger Saft verliert.
  • Unmittelbar vor dem Servieren das Steak nochmals für maximal 30 Sekunden pro Seite auf den sehr heissen Grill legen, so wird die Oberfläche wieder schön heiss. (Das Fleisch-Innere gart in der kurzen Zeit nicht mehr nach.)
  • Das Fleisch quer zur Faser in Scheiben schneiden – das ist bei Special Cuts mit ihren meist langen Muskelfasern besonders wichtig!
  • Mit etwas Olivenöl beträufeln und mit Fleur de Sel bestreut servieren.

Fünf Special Cuts vom Rind

Anna Pearson

Autorin

Anna ist Designerin und Köchin. Beides bringt sie in ihrem Kleinstverlag «Edition gut» zusammen.
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Veröffentlicht am

25.9.2022